Tätigkeitsbericht 2023
Sie können den Tätigkeitsbericht als PDF-Version auf Deutsch hier und auf Englisch hier herunterladen.
Gerne präsentieren wir Ihnen den Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für das vergangene Geschäftsjahr 2023.
Mit diesem Bericht geben wir Ihnen einen umfassenden Einblick in unsere Aktivitäten, die damit verbundenen Herausforderungen und die erreichten Erfolge des vergangenen Jahres. Wir zeigen auf, wie wir durch unser Engagement für eine einvernehmliche, aussergerichtliche Streitbeilegung Mehrwert für die bei uns angeschlossenen Finanzdienstleistenden sowie deren Kundinnen und Kunden geschaffen haben. Wir gehen in diesem Bericht zudem auf unsere administrativen Herausforderungen ein, da dieser Bereich einen gewichtigen Teil unserer Ressourcen beansprucht. Obwohl wir unsere Ombudsstelle so wenig bürokratisch wie möglich organisiert haben, verursacht die grosse Zahl an bei uns registrierten Finanzdienstleistenden einen administrativen Aufwand, der trotz effizienter Arbeitsweise hoch bleibt.
Zu Beginn des Jahres 2023 gingen wir davon aus, dass die Zahl der An- und Abmeldungen bei unserer Ombudsstelle deutlich zurückgehen würde. Wir erwarteten, dass die durch regulatorische Änderungen bedingte Dynamik aufgrund des Endes der Übergangsfrist im Zusammenhang mit der neu erforderlichen FINMA-Zulassungspflicht für gewisse Finanzdienstleistende bis Ende 2022 abgeschlossen sein würde. Trotz einer leichten Entspannung im Vergleich zu 2022 blieb jedoch die Veränderungsdynamik bei den Finanzdienstleistenden im gesamten Jahr weiterhin hoch.
Unsere Ombudsstelle verzeichnete im letzten Jahr 89 Abmeldungen, wobei, ähnlich wie im Vorjahr, 58% der Abmeldungen Firmen mit Domizil Schweiz betrafen. Zusätzlich zu den Abmeldungen wurden 14 Finanzdienstleistende wegen Nichtzahlung der Grundgebühr von unserer Ombudsstelle ausgeschlossen. Diese Ausschlüsse verursachen einen erheblichen Aufwand, da wir zahlreiche Anstrengungen unternehmen, um mit den betreffenden Finanzdienstleistenden in Kontakt zu treten, um einen Ausschluss nach Möglichkeit zu vermeiden. Dennoch konnten diese schlussendlich ausgeschlossenen Finanzdienstleistenden in vielen Fällen nicht mehr erreicht werden. Wir sind uns bewusst, dass ein Ausschluss gravierende Konsequenzen haben kann, da die Betreuung von Privatkunden ohne eine Ombudsstelle als unerlaubte Tätigkeit gilt. Daher setzen wir diese Massnahme nur als letztes Mittel ein.
Neben den Abmeldungen und Ausschlüssen gab es aber auch zahlreiche neue Anmeldungen. Mit ca. 60% betraf die Mehrzahl der neuen Anmeldungen Finanzdienstleistende, die sich auch in einem Schweizer Beraterregister registrieren liessen. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Registrierungshürden und der finanzielle Aufwand bei einem Beraterregister deutlich niedriger sind als bei einer Regulierung durch die Finanzmarktaufsicht FINMA. Die Regulierung über die Finanzmarktaufsicht ermöglicht zwar das Anbieten einer grösseren Finanzdienstleistungspalette, doch insbesondere für neue Akteure im Finanzsektor stellt das Beraterregister eine verhältnismässig einfache Möglichkeit für den Markteintritt in der Schweiz dar. Mit 143 neuen Anmeldungen wurden die Abmeldungen und Ausschlüsse erneut deutlich übertroffen, wodurch auch im Geschäftsjahr 2023 die Zahl der bei uns registrierten Finanzdienstleister im Jahresverlauf weiter gestiegen ist. Per Ende 2023 waren 1124 Finanzdienstleistende bei uns registriert, was einer Zunahme um 40 Unternehmen entspricht.
Reduktion der Grundgebühr
Erfreulicherweise erlaubte uns die weiterhin effiziente Organisation der Ombudsstelle und die Zunahme der angeschlossenen Finanzdienstleistenden eine weitere Reduktion der Grundgebühr. Nachdem die Grundgebühr bereits für 2023 von CHF 540 auf CHF 520 gesenkt wurde, beschloss der Vorstand aufgrund der finanziell soliden Situation für das Jahr 2024 eine weitere Reduktion auf aktuell nur noch CHF 500.
Schlichtungsverfahren
Während des zurückliegenden Jahres sah sich unser Schlichtungsteam mit einer grossen Themenvielfalt konfrontiert.
Zu den jährlich regelmässig wiederkehrenden Fragestellungen gehören Fälle, in welchen zu klären ist, ob die zwischen Kundinnen und Kunden und den beauftragten Finanzdienst-leistenden vereinbarten Verträge eingehalten wurden oder nicht. Bei der fachlichen Beurteilung dieser Fälle können wir mittlerweile auf eine gewissen Erfahrung zurückblicken.
Komplexer in der Einarbeitung sind dagegen beispielsweise Fälle, bei denen zwischen den Streitparteien bereits Uneinigkeit darüber herrscht, ob überhaupt eine Vertragsbeziehung existiert. Bekanntlich sind in der Schweiz nicht nur schriftliche, sondern grundsätzlich auch mündliche Verträge gültig und rechtlich bindend. In Fällen, in denen ein schriftlicher Vertrag fehlt und Uneinigkeit zwischen den Streitparteien bezüglich einer Kundenbeziehung besteht, muss anhand von Indizien beurteilt werden, ob eine Kundenbeziehung besteht. Liegen keine ausreichenden Indizien vor, kann kein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden. Falls jedoch beide Streitparteien trotz der unklaren Situation ein Schlichtungsverfahren wünschen, unterstützen wir sie gerne bei einer aussergerichtlichen Lösungssuche.
Im Folgenden ein weiteres Beispiel für ein Thema, mit dem wir im Rahmen einer Schlichtungsanfrage erstmals konfrontiert wurden.
Eine Bankkunde wird im Ausland überfallen und wenig später wird sein Bankkonto geleert. Es stellte sich bei diesem Fall u.a. die Frage, ob die Bank für den Schaden zumindest teilweise haftbar gemacht werden kann. Hier galt es zunächst einmal zu eruieren, was in einer solchen Situation die jeweiligen Sorgfaltspflichten der Kundinnen und Kunden und der Bank sind, um dann anhand des Tathergangs allfällige Pflichtverletzungen zu beurteilen.
Trotz der zahlreichen Herausforderungen, die die vielfältigen Themenbereiche im Rahmen der Schlichtungsanfragen mit sich bringen, machen sie unsere Arbeit sehr spannend und tragen dazu bei, dass wir mit jedem Schlichtungsverfahren unsere fachlichen Kompetenzen weiter ausbauen können.
Anzahl Schlichtungsanfragen
Im Berichtsjahr 2023 hat die Ombudsstelle 45 Schlichtungsanfragen erhalten und damit weniger als 2022 (63). Die Zahl der Schlichtungsanfragen schwankt stark von Jahr zu Jahr und hängt teilweise auch mit Grossereignissen zusammen, wie z.B. dem Kollaps eines international tätigen Finanzdienstleisters im Jahr 2022. Für das Jahr 2024 erwarten wir erneut eine deutliche Zunahme der Schlichtungsanfragen, da wir bereits in der ersten Jahreshälfte des laufenden Jahres gleich viele Anfragen erhalten haben wie im gesamten letzten Jahr.
Vorabklärungen
Bei jeder Schlichtungsanfrage werden zunächst Vorabklärungen durchgeführt, bevor über die Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens entschieden wird. Während der Vorabklärungsphase entstehen dem betroffenen Finanz-dienstleistenden keine Kosten, da diese Aufwände bis zur offiziellen Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens durch die jährliche Grundgebühr abgedeckt sind.
Voraussetzungen für ein Verfahren
Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass ein Schlichtungsverfahren erst dann eröffnet werden kann, wenn ein konkreter Schaden eingetreten ist, der Kunde oder die Kundin zuvor versucht hat, das Problem bilateral mit dem Finanzdienstleistenden zu lösen und bisher keine andere Behörde in dieser Angelegenheit aktiv geworden ist.
Diese oben erwähnten Kriterien werden bereits bei der Eingabe einer Schlichtungsanfrage über die Website unserer Ombudsstelle geprüft. Falls die Kriterien nicht erfüllt sind, wird der Kunde oder die Kundin während der Online-Antragstellung automatisiert über die Gründe informiert. Diese Anfragen werden aus Datenschutzgründen nicht erfasst und sind in den oben erwähnten Schlichtungsanfragen für das abgelaufene Jahr nicht enthalten. Wir gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Anfragen deutlich höher war. Statistisch erfasst werden bei uns jedoch nur die Anfragen, bei denen die Kriterien für ein Schlichtungsverfahren zunächst erfüllt zu sein scheinen, jedoch von der Ombudsstelle noch konkret geprüft werden müssen. Dabei erklärte sich die Ombudsstelle bei 40 Anfragen für unzuständig. Dies, weil die Voraussetzungen für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nicht erfüllt waren oder der Fall durch Intervention der Ombudsstelle bereits in der Vorabklärungsphase gelöst werden konnte und daher kein offizielles Verfahren eröffnet werden musste. Da die Kosten eines Schlichtungsverfahrens vom betroffenen Finanzdienstleistenden getragen werden, prüft die Ombudsstelle sehr sorgfältig, ob die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens wirklich erforderlich ist. Aus diesem Grunde sind Finanzdienstleistende teils sehr daran interessiert, einen Streitfall vor Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens in der für sie noch kostenfreien Vorabklärungsphase zu bereinigen.
Im Folgenden sind einige Gründe aufgeführt, weshalb trotz einer Schlichtungsanfrage kein Schlichtungsverfahren eingeleitet wurde.
Kein finanzieller Schaden
Kundinnen und Kunden kontaktierten im abgelaufenen Jahr die Ombudsstelle, um einen potenziell drohenden finanziellen Schaden frühzeitig abzuwenden. Das ist zwar verständlich, jedoch ist die Einschaltung der Ombudsstelle vor dem Eintreten eines Schadens nicht möglich. In diesen Fällen empfehlen wir, in direkten Kontakt mit dem Finanzdienstleister zu treten und die Situation bilateral zu klären.
Wohnsitz ausserhalb der Schweiz
Unsere Ombudsstelle ist für alle Kunden und Kundinnen von Schweizer Finanzdienstleistenden zuständig. Bei ausländischen Finanzdienstleistenden jedoch nur für Kunden und Kundinnen mit Wohnsitz in der Schweiz. In solchen Konstellationen, bei welchen weder der Kunde oder die Kundin noch der Finanzdienstleistende in der Schweiz ansässig sind, darf unsere Ombudsstelle nicht tätig werden.
Fehlende Bemühungen um eine Lösung
Bei einigen Anfragen erklärte sich unsere Ombudsstelle für zunächst unzuständig, da der Kunde oder die Kundin sich zuvor nicht oder nur in zu geringem Umfang um eine bilaterale Lösung mit dem Finanzdienstleistenden bemüht hatte. In solchen Fällen wird dem Kunden oder der Kundin mitgeteilt, dass die Möglichkeit besteht, zu einem späteren Zeitpunkt erneut an unsere Ombudsstelle zu gelangen, falls die bilaterale Lösungssuche misslingen sollte. Wir gehen davon aus, dass diese Kunden und Kundinnen in zahlreichen Fällen eine Einigung mit den Finanzdienst-leistenden erzielen konnten, da sie zu einem späteren Zeitpunkt kein Verfahren bei uns beantragten.
Kein Fehlverhalten
Bei einzelnen Kundenanfragen wurde im Rahmen der Vorabklärung klar, dass kein Fehlverhalten seitens des Finanzdienstleistenden vorlag. In solchen Fällen wird kein Schlichtungsverfahren eingeleitet. Wir erläutern den betroffenen Kunden und Kundinnen ausführlich die Gründe für unsere Entscheidung. Allerdings stellen wir fest, dass unsere Argumentation nicht immer vollständig nachvollzogen bzw. akzeptiert wird.
Wenn kein Schlichtungsverfahren eingeleitet wird und im Rahmen der Vorabklärungen keine Kontaktaufnahme nötig war, erfahren die Finanzdienstleistenden in der Regel nicht, dass eine sie betreffende Schlichtungsanfrage bei uns eingegangen ist.
Niedrige Hürde für Schlichtungen
Vorabklärungen, die vor der Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens stattfinden, gehören zu den wichtigsten Grundservices unserer Ombudsstelle und sind, wie bereits erwähnt, durch die Jahresgebühr abgedeckt. Für die Kunden und Kundinnen der Finanzdienstleistenden sind sowohl Schlichtungsanfragen als auch die Durchführung von Schlichtungsverfahren gebührenfrei. Mit der Gebührenfreiheit wurde die Hürde für Schlichtungsanfragen in finanzieller Hinsicht bewusst tief angesetzt, um einen guten Zugang zum Schlichtungsverfahren zu gewährleisten. Um jedoch zu vermeiden, dass unnötige Schlichtungsverfahren eingeleitet werden, prüft die Ombudsstelle im Rahmen der Vorabklärungen sehr genau, ob die Voraussetzungen für ein Schlichtungsverfahren gegeben sind.
Die vom Gesetzgeber geforderte tiefe Zugangshürde für die Kunden und Kundinnen weist aufgrund unserer Erfahrungen den Vorteil auf, dass dank der Kontaktaufnahme mit unserer Ombudsstelle Unklarheiten und Missverständnisse in einem frühen Stadium geklärt werden können. Dies verhindert, dass es aufgrund von Fehleinschätzungen der Situation zu einer unnötigen Eskalation kommt. Die Kunden und Kundinnen profitieren somit bereits im Rahmen der Vorabklärungen von einer professionellen Einschätzung durch eine neutrale Instanz, ohne dass für eine der Parteien Kosten entstehen.
Schlichtungsverfahren
Die Anzahl der pendenten Schlichtungsverfahren aus dem Vorjahr und der im Berichtsjahr 2023 neu eröffneten Schlichtungsverfahren betrug zusammen sieben. Von diesen sieben Schlichtungsverfahren konnten sechs im Berichtsjahr 2023 mit Erfolg abgeschlossen werden. Ein Verfahren befand sich zum Jahresende 2023 noch in Bearbeitung.
Wir betrachten die geringe Anzahl der offiziell eröffneten und durchgeführten Schlichtungsverfahren als positiv, da wir bereits in der Vorabklärungsphase vor Eröffnung eines Verfahrens die Konfliktparteien aktiv bei der Lösungsfindung unterstützen, insbesondere bei geringen Streitwerten und wenn frühzeitig eine einvernehmliche Lösung erkennbar ist.
Einige Statistiken
Von den per Ende 2023 angeschlossenen Finanzdienstleistenden hatten 67% (+1% gegenüber dem Vorjahr) ihren Sitz in der Schweiz und 33% (-1%) waren im Ausland ansässig. Die Zunahme der angeschlossenen Finanzdienstleistenden um 40 auf neu 1124 per Ende 2023 ist überwiegend auf Finanzdienstleistende aus der Schweiz zurückzuführen.
Bei den aus dem Ausland stammenden Finanzdienstleistenden zählten zu den Top fünf Ländern Grossbritannien (ohne die Kanalinseln) mit 111, die USA mit 77, Deutschland mit 31, China (Hongkong) mit 21 und Singapur mit 16 angeschlossenen Finanzdienstleistenden. Gesamthaft stammen die angeschlossenen Finanzdienstleistenden aus 33 verschiedenen Ländern.
Wir bedanken uns bei allen Beteiligten für das in uns gesetzte Vertrauen. Unsere Ombudsstelle wird auch in Zukunft mit grossem Einsatz, einer neutralen Haltung und einem pragmatischen Vorgehen aktiv dazu beitragen, dass die Konfliktparteien ausgewogene und tragfähige Lösungen finden.
Beyzade Han
Ombudsmann